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Schloss Triana (Roccalbegna)

(Das Schloss)

DER BERG IST ALLES UND STEHT DOCH IM WEG
Roccalbegna in der Südtoskana: Aufbruch aus dem Schatten des Monte Amiata

Was da am Autofenster vorbei gleitet, gleicht so gar nicht den Landschaftsimpressionen der einschlägigen Bildbände. Die Toskana ist anders als ihr Hochglanz-Image, auch und gerade hier im Süden. Je weiter die Straße von Grosseto aus gen Osten strebt, desto mehr windet sie sich durch ein verwirrendes Hügelland, das zunehmend die Formen eines Mittelgebirges annimmt. Die Täler werden tiefer, die Hänge steiler, der Boden felsiger. Die Getreide- und Sonnenblumenfelder der Küstenebene weichen Wiesen, Kastanienwäldern und wucherndem Macchiagesträuch. Nur wenige Dörfer säumen die Straße. Nach einer scharfen Biegung dann der Panoramablick auf Roccalbegna: eine kleine Ansammlung dichtgedrängter Häuser am Fuß schroffer Kalksteinwände, zum Tal hin flankiert von der wuchtigen Felsklippe des befestigten Burgbergs. In dem Ortsnamen verbündet sich die Rocca, die Feste, mit der Albegna. Das ist der Fluss, der hier über weißschimmerndes Kalksteingeröll vom Berg hinabsteigt und der vielleicht so heißt, weil weiß auf Lateinisch "albus" bedeutet.

Roccalbegna, mit seinen 250 Seelen Hauptort der gleichnamigen Gemeinde, liegt in der Maremma. Deren Ausdehnung wird oft verkannt. Auf Karten begleitet ihr Schriftzug in der Regel die südtoskanische Küstenebene. In Wirklichkeit – das beweist schon ein Dokument aus dem hohen Mittelalter - greift sie weit ins Landesinnere aus und reicht im Osten bis nach Pitigliano. Dort, in der "Alta Maremma", der hohen Maremma, wie sie genannt wird, herrscht der Monte Amiata, einziger Vulkan der Toskana. 1738 Meter mißt sein höchster Punkt, bis zum einstigen Kraterrand bedeckt ihn dichter Buchenwald. Seine raumgreifende Silhouette, von überall her zu sehen, bildet den selbstverständlichen Mittelpunkt einer begrenzten, dafür aber umso eigentümlicheren Welt.

Das gilt besonders für seine westliche, küstenseitige Flanke hin zum fast 1200 Meter hohen Monte Labbro. Dort wirkte im 19. Jahrhundert David Lazzaretti, der "Prophet" des Monte Amiata, der sich selbst für die zweite Inkarnation Christi hielt. Er stand in der Tradition religiös motivierter, visionärer Streiter gegen soziale Ungerechtigkeit und das Elend der Landbevölkerung. Aus seinen Anhängern formte er eine egalitäre Gemeinschaft im Geiste sittlicher Erneuerung und nach den Regeln eines strengen Christentums. Das machte ihn unbequem für die Obrigkeit, die geistliche wie die weltliche. Er starb 1878 durch eine Polizeikugel. Seine Anhänger verehrten ihn noch lange danach als Martyrer und Messias.